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Kinderrechte in Hanau: spielend gelernt!

Es ist 10:45 auf dem Spielplatz in der Hanauer Karl-Marx-Straße. Rasul, Lalin, Ellen, Skadi, Lena, Naim, Omaira und Paul sind bereit: zusammen mit ihren Erzieherinnen Sabine Fresin-Horch und Christine Kiefer haben sie sich zur großen Schiffstaufe von „Alice I.“ eingefunden. Mit dabei sind Carolin Kornberger vom Kinder- und JugendbüroHanau und Hannah Abels von Makista e.V.. Leider noch nicht da: der Mitarbeiter des Grünflächenamts, der das Namensschild ans Schiff schrauben wird. Wir beginnen mit einem Gespräch darüber, wie das Boot auf den Spielplatz gekommen ist.

Hannah Abels: Warum habt Ihr eigentlich genau dieses Schiff ausgesucht für diesen Spielplatz?

Omaira: Weil nicht so viele Babyspielsachen hier waren.

Sabine Fresin-Horch: Wir hatten uns den Spielplatz hier angeschaut, und da haben wir festgestellt: für große Kinder ist hier ganz viel, aber es fehlt was für jüngere Kinder.

Hannah Abels: Das Schiff ist ja was, mit dem sogar ältere und jüngere total gut zusammen spielen können.

Ellen: Und ich bekomm ja eine Schwester! Und Rasul kriegt einen kleinen Bruder.

Hannah Abels: Und die können dann auch mit dem Schiff spielen, wenn sie ein bisschen älter sind.

Ellen: Ja, genau!

Hannah Abels: Und wie viele Kinder durften mitmachen aus der Kita?

Sabine Fresin-Horch: Das waren etwa zehn bis zwölf aus zwei Gruppen, immer Kinder über drei Jahre. Es war ja ein Projekt, das sich über 2018/19 erstreckt hat, in dem wir die Kinderrechte besprochen haben. Jede Woche haben wir uns einmal getroffen und jedes Kinderrecht bearbeitet. Und als wir zu dem Thema kamen, Kinder haben das Recht zu spielen…

Paul: Zu spielen, sich auszuruhen und künstlerisch tätig zu sein!

Sabine Fresin-Horch: Ja, stimmt! Da haben wir unseren Wochenplan in der Kita angeschaut, wann haben wir da Zeit zum Spielen, wann sind andere Aktivitäten? Wir haben uns die Räume angeschaut. Wo haben wir einen Platz, uns mal auszuruhen? Haben zuhause geguckt, wo dürfen wir uns ausruhen, wer spielt mit uns? Und die gesamte Kita hat sich Spielplätze angeschaut. Unser Haus hat sich diesen hier angeschaut unter dem Aspekt: was könnte man verändern, wo ist irgendwas nicht stimmig? Und so entstand diese Idee, das haben wir aufgemalt, sind dann zu Frau Kornberger ins Kinder- und Jugendbüro, haben gesagt, was wir für Verbesserungsvorschläge haben, was wir die Kinder sich wünschen. Es war ihnen ganz wichtig, dass was zum Schaukeln für jüngere Kinder hinkommt. Frau Kornberger hat das dann in die Tat umgesetzt und uns dann vier Bötchen gezeigt.

Der Mann vom Grünflächenamt – und mit ihm der Bohrer – sind eingetroffen. Die Kinder suchen den besten Platz für das Schild und geben dem Mann Anweisung, wie er es aufhängen soll („Auf jeden Fall gerade!“). Die Erwachsenen unterhalten sich weiter.

Hannah Abels: Ist denn auch der Plan, dass bei der Spielplatzplanung immer auch Kinder gefragt werden oder war das jetzt erstmal testweise?

Carolin Kornberger: Also, bei Sanierungsarbeiten von Spielplätzen oder wenn Spielplätze neu installiert werden, ist das immer mit Kinderbeteiligung. Und das hier war jetzt ein von der Kita initiiertes Projekt, dass sie gesagt haben, sie machen jetzt mal eine Spielplatzbeurteilung. Das kam sozusagen von außen an mich ran. Wenn die Stadt sagt, wir machen einen Spielplatz neu oder sanieren einen, dann geht es eher umgekehrt, dass ich die Kitas anspreche, ob sie Lust haben, sich zu beteiligen. Als Kinderfreundliche Kommune ist uns das sehr wichtig.

Hannah Abels: Sind die Kinder in der Kita Alice Salomon es gewohnt, dass sie eingebunden werden und mitentscheiden?

Christine Kiefer: Das machen bei uns sogar die Kleinsten schon. Wir haben so ein System: freitags ist Gruppentag, das heißt, die Gruppe macht was gemeinsam und die Kinder dürfen sich aussuchen, was wir machen. Meistens gibt es drei Vorschläge und dann haben wir die als Bilder und haben Becher drauf und jedes Kind bekommt einen Kieselstein zum Reinwerfen und darf abstimmen. Und das machen sogar schon die Kleinsten mit. Also, es ist so schön anzugucken. Normalerweise denkt man, die werfen das da rein, wo der Vordermann reingeworfen hat, aber die gucken richtig rein, gucken dann, was sie möchten und werfen das da rein.

Sabine Fresin-Horch: Es war ja Weltkindertag und seit zwei Jahren wählen wir da auch Gruppensprecher. Jetzt haben wir also seit September neue Gruppensprecher, die mit der Leitung dann alle vier bis sechs Wochen ein Treffen haben. Also, alles runtergebrochen auf Kinderebene, aber wo dann Neuigkeiten der Gruppen oder der Leitung oder Wünsche ausgetauscht werden.

Das Schild ist angebracht. Jetzt wollen die Kinder zur Schiffstaufe übergehen. Es wird kurz überlegt, wer wann von wo aus die Wasserbomben werfen darf, dann geht es los.

Hannah Abels: Vielleicht können Sie, Frau Kornberger, nochmal einen Satz sagen zur Kinderfreundlichen Kommune. Was Sie sonst machen und warum Hanau sich überhaupt entschieden hat, Kinderfreundliche Kommune zu werden.

Carolin Kornberger: Das war vor meiner Zeit. Aber ich kann mich daran erinnern, dass Hanau „Familienfreundliche Stadt“ war. Die damalige Leiterin der Stabstelle Prävention, Sicherheit und Sauberkeit hat dann das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ entdeckt und gesagt, wenn man familienfreundlich ist, sollte man natürlich auch Kinderfreundlichkeit unterstützen. Andrea Pillmann, die die Stabsstelle jetzt leitet, hat sich dann beworben. Dadurch war Hanau die erste deutsche Stadt, die wirklich das Siegel bekommen hat. Meine Stelle gibt es, weil wir Kinderfreundliche Kommune sind. Es wurde eine Abfrage gemacht, als der Aktionsplan entstanden ist und die Kinder wünschten sich, dass es jemanden gibt, der für ihre Belange zuständig ist, so wie es Ortsbeiräte gibt für die Erwachsenen. Und daraufhin wurde das Kinder- und Jugendbüro ins Leben gerufen. Das mache ich jetzt seit fünf Jahren und mittlerweile hat sich das wirklich etabliert.

Hannah Abels: Ich habe auch gehört, dass es zum Beispiel bei der Gestaltung von Fußgängerzonen eine Kinderbeteiligung gab?

Carolin Kornberger: Genau, das läuft noch. Das fing glaube ich auch 2018 an, da wurde in der Innenstadt ein Platz umgestaltet, bei der Wallonisch-Niederländischen Kirche. Und da hatte ich leider keine Chance, die Wünsche von den Kindern und Jugendlichen unterzubringen. Wir haben dann den Kompromiss gefunden, dass wir, statt einen kleinen Bereich in diesem Park für die Kinder zu machen, überall in der Stadt Spielpunkte installieren. Fünf wurden relativ schnell installiert, da haben wir mit einer evangelischen Kita zusammengearbeitet. Jetzt sind noch drei Punkte offen, wo wir mit der Kita Brüder-Grimm dran sind. Wobei da grade die Gelder eingefroren wurden… Vor Corona war es auch so, dass regelmäßig Kita-Kinder mich im Rathaus besuchen kommen konnten.

Christine Kiefer: Soll das regelhaft stattfinden?

Carolin Kornberger: Sollte eigentlich, ja. Und durch die Gespräche mit den Kindern kommen immer wieder Anliegen zum Vorschein – bzw. kamen, wir müssen uns echt noch überlegen, wie wir das aktuell gestalten. Manche Kitas wollten einen Mülleimer, da haben die Kinder gesagt, wenn Eltern morgens warten, dass die Kita aufmacht, werfen die ihre Zigarette immer auf den Boden. Dann war es ihnen im Winter zu dunkel, um einen schmalen Weg bis zur Kita hin zu gehen, da wurden also neue Lampen installiert.

Hannah Abels: Und das ergibt sich dann, wenn die Kinder da sind, so aus den Gesprächen?

Carolin Kornberger: Genau, also ich frage dann, was ihnen gut gefällt, was sie nicht so mögen, lasse über kleine Themen mal kurz abstimmen, damit es ein Bild gibt. Also, über Müll, Umwelt und Verkehr zum Beispiel, sodass sie so einen Prozess mal erlebt haben.

Die Kinder müssen los, das Mittagessen ruft. Wir machen zum Schluss noch ein Foto vor „Alice I.“ und verabschieden uns. Vielen Dank für das Gespräch und dass ich bei der Taufe dabei sein durfte!

Alles Familie*

Ein Interview mit Sarah Ponti über (Un-) Gleichbehandlung, Kindeswohl und Paragraphen.

Makista: Das Kindeswohl ist aus Sicht des LSVD explizit ein Argument für die Nicht-Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Elternpaare und von Regenbogenfamilien. Gleichzeitig wird der Begriff von der Gegenseite immer wieder ins Feld geführt und unterstellt, dass es durch das Aufwachsen mit gleichgeschlechtlichen Eltern potentiell gefährdet sei. Wie kann es sein, dass dieser Begriff von beiden Seiten gleichermaßen stark gemacht wird und wie unterscheiden sich aus Ihrer Sicht die Vorstellungen, die mit ihm verbunden werden?

Sarah Ponti: Der Begriff Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dennoch gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch Anhaltspunkte für seine Auslegung: wesentlich sind die körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit des Kindes, seine finanzielle Absicherung sowie stabile und kontinuierliche Beziehungen zu den Bezugspersonen. Hier setzen unsere Forderungen an: Tausende Kinder wachsen derzeit in Deutschland in Regenbogenfamilien auf. Für das Wohl dieser Kinder müssen verlässliche rechtliche Strukturen geschaffen werden, die alle Elternteile rechtlich anerkennen und die gelebte Familienvielfalt zutreffend abbilden. Die Gegenseite führt oft ins Feld, dass die Entwicklung von Kindern in Regenbogenfamilien beeinträchtigt sein könnte. Internationale und nationale Studien belegen jedoch seit Jahren, dass diese Kinder sich in jeder Hinsicht genauso gut entwickeln wie andere Kinder. Es ist die fehlende rechtliche Anerkennung, die zu Lasten der Versorgung und der Absicherung der Kinder und damit zu Lasten des Wohls der Kinder geht.

Illustration aus dem empfehlenswerten, sehr unterhaltsamen und informativen Kinderbuch „Alles Familie!“ über familiäre Vielfalt von Alexandra Maxeiner und Anke Kuhl.
© Anke Kuhl, Klett Kinderbuch, 2010

Makista: Die UN-KRK umfasst ja in Artikel 5 einen sehr breiten Begriff von Familie, den ich eher im Sinne einer „Sorgegemeinschaft“ begreifen würde. Wäre das dort ausformulierte Konzept ein guter Bezugspunkt oder nutzt der LSVD Artikel 5 – und die Kinderrechte allgemein – bereits in seiner Argumentation? Was spräche dafür oder vielleicht dagegen, sich darauf zu beziehen?

Sarah Ponti: Artikel 5 ist sehr offen formuliert und erfasst grundsätzlich eine Vielzahl von Familienkonstellationen, auch Regenbogenfamilien. Dies jedoch nur, wenn sie in den Vertragsstaaten bereits anerkannt sind. Für Regenbogenfamilien ist dies in Deutschland leider noch nicht der Fall. Artikel 5 fordert von den Vertragsstaaten nicht die rechtliche Anerkennung bestimmter Familienformen. Für Regenbogenfamilien, insbesondere trans- und intergeschlechtliche Eltern, ist aber das Diskriminierungsverbot in Artikel 2 relevant. Dieser verbietet explizit die Diskriminierung eines Kindes aufgrund des Geschlechts des Kindes oder seiner Eltern. Ein Problem internationaler Menschenrechtsabkommen ist jedoch, dass sie auf die Selbstbindung der Vertragsstaaten setzen und anders als europäisches und nationales Recht kaum durchsetzbar sind.

Makista: An welchen Stellen greift denn die derzeitige Ungleichbehandlung am gravierendsten in die Wirklichkeit betroffener Familien und der Kinder ein?

Sarah Ponti: Stiefkindadoptionsverfahren sind langwierig und oft entwürdigend, kosten viel Zeit und Geld und können zu Konflikten innerhalb der Familien führen. In Mehreltern-Regenbogenfamilien werden einige Elternteile rechtlich gar nicht anerkannt und können deshalb ihrer übernommenen Verantwortung nicht gerecht werden. Trans- und intergeschlechtliche Eltern müssen sich bei Behördengängen zwangsouten, Auslandsreisen sind teilweise unmöglich. Rechtliche und finanzielle Hürden beim Zugang zur Reproduktionsmedizin für gleichgeschlechtliche, trans- oder intergeschlechtliche Eltern erschweren oder verhindern Familiengründungen. Die Rechtsunsicherheit wirkt sich auch im alltäglichen Umgang mit Behörden, Schulen, Vereinen oder Ärzten aus, wenn zum Beispiel Regenbogenfamilien der Familientarif im Schwimmbad verweigert oder ihre Familie in der Kita peinlich tabuisiert wird.

Makista: Was müsste, neben der rechtlichen Gleichstellung, passieren, damit alle Kinder uneingeschränkt ihr Recht auf Familie genießen können?

Sarah Ponti: Diskriminierungen muss durch viel mehr Aufklärung präventiv entgegengewirkt werden. Der LSVD hat Konzepte zur Regenbogenkompetenz entwickelt. Familienvielfalt sollte in Büchern und Spielen in Kitas und Schulen sichtbar sein. Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der Familienberatung sind aufgefordert, sich dafür fit zu machen, Regenbogenfamilien und solche, die es werden wollen, in ihrer Arbeit kompetent und vorurteilsfrei anzunehmen. Bund und Länder müssen dazu entsprechende Programme fördern.

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Ein guter Zufluchtsort? Kinderrechte gelten für alle!

Viele (nach Deutschland) geflüchtete Kinder hören in den Schulen, den Einrichtungen der Jugendhilfe oder von den betreuenden Fachkräften in den Gemeinschaftsunterkünften  zum ersten Mal, dass sie (hier genauso wie in so gut wie allen Ländern dieser Welt) als Kinder besondere Rechte haben. Die erlebte Realität in ihrem Lebensalltag erschwert ihnen allerdings das Verständnis für diese Rechte. Sie erfahren zu oft, wie schwierig das Leben für sie und ihre Familien ist, fühlen sich nicht dazugehörig und erleben, dass für sie scheinbar andere Regeln, Vorgaben und behördliche Anordnungen Vorrang vor den Kinderrechten haben. Das darf nicht sein!

Lange leben Kinder in Angst vor Ausweisung oder mit einem unsicheren Aufenthaltstitel bei uns, weil der Prozess zur Anerkennung sich über eine lange Zeitspanne, manchmal sogar Jahre, hinziehen kann. Der Aufenthaltstitel ist der Anker für mehr Sicherheit, ein Leben ohne die Gefahr der Abschiebung. Die Erfahrungen durch Kriegserlebnisse und die Flucht mit traumatischen Folgen, die neuen Anforderungen an das Leben in den Unterkünften, der ständige Stress mit den Behörden, die Trennung von den Familien prägen das Leben der geflüchteten Kinder (und ihrer Familien). Besonders unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sehnen sich nach ihren Angehörigen, doch die Fragen einer Familienzusammenführung sind wie ein unüberwindlicher Hürdenlauf.

In Artikel 22 der Kinderrechtskonvention heißt es: geflüchtete Kinder erhalten Schutz und angemessene Hilfe bei der Wahrung ihrer Rechte. Der Staat und seine Institutionen müssen an den Schutzmaßnahmen, an der Hilfe für Kinder sowie der Unterstützung – und wenn nötig der Zusammenführung – ihrer Familien mitwirken. Ein Blick auf drei Bereiche der Kinderrechtskonvention, die aus der Sicht von geflüchteten Kindern besonders wichtig sind:

Recht auf Schutz vor Gewalt – Geflüchtete Kinder haben viel Gewalt erfahren, bevor sie bei uns ankommen. Sie kennen die Macht der Herrschenden, die Angst vor Krieg, die Gewalt durch andere, die Ohnmacht der Eltern und Verwandten. Hat das nun ein Ende, wenn sie bei uns ankommen? Das Recht auf Schutz vor Schlägen, das Recht auf die Achtung des Kindeswohls allein reicht nicht aus, um Kinder vor Gewalt zu schützen. Eltern sind oft hilflos, weil sie selbst nicht weiterwissen. Die Macht der Behörden scheint unbegrenzt. Der psychische Druck, dem geflüchtete Kinder und ihre Familien ausgesetzt sind, lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Die Erinnerungen an das Erlebte belasten sie, ebenso die Ungewissheit über ihre Zukunft. Sie erfahren, wie machtlos ihre Eltern dem „Asylsystem“ ausgeliefert sind und dass sie oft traurig sind, vor Verzweiflung mit ihnen schimpfen, sie wegschicken.

Recht auf Teilhabe und Beteiligung – Alle Kinder dieser Welt spielen gerne. Das Fußballtraining oder mit anderen einfach mal durch die Stadt zu bummeln: Geflüchtete Kinder wollen dazugehören, mitreden können. Doch für sie ist die Realisierung dieser Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht so einfach.

Anträge für den Sportverein oder andere Tätigkeiten sind auszufüllen, Genehmigungen abzuwarten. Auch die Einladung zu einem Geburtstag kann zum Problem werden. Das Geld für ein Geschenk reicht nicht, die Einladung zum eigenen Geburtstag ist nicht möglich in der Gemeinschaftsunterkunft und eine Einladung ins Kino für alle geht auch nicht. Da sagen Kinder eher ab, weil die Probleme unlösbar erscheinen. Die anderen Kinder können das nicht verstehen und ziehen sich zurück. Wieder ist man das Kind mit dem Stempel „Flüchtling“. Muss das sein?

Kinder wollen einfach Kinder sein und mit anderen Kindern zusammen etwas erleben. Doch immer wieder stoßen sie an die ungeschriebene Grenze im Alltagsleben zwischen Kindern, die schon immer hier leben und den „Geflüchteten“. Die Kinder und ihre Familien sehen sich einer Vielzahl an Stigmata und Vorurteilen, ja, auch rassistischen Äußerungen ausgesetzt. Und so schreitet die Ausgrenzung weiter voran. Freund_innen werden dann meist andere Flüchtlingskinder.

Recht auf Wohnung und Privatsphäre – Auf das Leben in einer eigenen Wohnung müssen geflüchtete Kinder und ihre Familien oft lange warten.  In den Gemeinschaftsunterkünften leben viele Menschen auf engem Raum zusammen. Alle Bewohner_innen leben unter ständigem Stress. Da bleibt man als Kind besser im eigenen engen Zimmer und verkriecht sich in das Doppelstockbett. Selten können Kinder ungezwungen miteinander spielen, dafür ist kein Platz vorgesehen.

Kinder brauchen Schutzräume für sich und ihre Familien. Kinder brauchen abgeschlossene Wohnungen in Gemeinschaftsunterkünften, solange sie nicht ausziehen können. Denn auf engem Raum unter so vielen Erwachsenen sind Kinder Gefahren und Einschränkungen ausgesetzt. Selbst auf dem Gang über den Flur, in die Waschräume und die Gemeinschaftsküche müssen Kinder oft von erwachsenen Familienmitgliedern begleitet werden.

Kinder brauchen Sicherheit für sich und ihre Familien, zum Schutz vor Gewalt jeglicher Form. Kinder brauchen Ansprechpartner_innen, denen sie sich anvertrauen können und die mit ihnen Lösungen suchen. Kinder brauchen Menschen, die sich für sie einsetzen, damit Lebensbedingungen sich verändern.  Wir brauchen mehr Projekte für ein gutes Miteinander, um Diskriminierung und rassistische Verurteilungen zu vermeiden. Das Recht der Kinder auf sicheren Wohnraum muss in den Vordergrund rücken vor den Vorgaben der Behörden zum Leben in Sammelunterkünften.  

Wenn wir eine offene, demokratische Gesellschaft sein wollen, die die Rechte aller Kinder gleich bewertet und schützt, müssen wir die Ausgrenzung überwinden. Wir alle sind aufgefordert, uns für die Achtung der Kinderrechte von geflüchteten Kindern einzusetzen. Der Kinder, die schon bei uns angekommen sind, aber auch der vielen Kinder, die noch auf der Flucht sind.

Vom Mitmachen zum Mitbestimmen – Sportvereine und Partizipation als Prinzip der Kinderrechte

Sport bietet Kindern und Jugendlichen vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Hier können sie mit Gleichaltrigen ihre Freizeit verbringen und selbst gestalten. Der Sportverein ist ein Möglichkeitsraum, in dem Kinderrechte umgesetzt werden können. Der sozioökonomische Status, die Bildungshistorie und Sprachkenntnisse der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien geraten bei der Teilnahme an Sportangeboten im besten Falle in den Hintergrund – der Sport hat hier teils vielversprechendere Möglichkeiten als andere Strukturen, in die Kinder eingebunden sind. Ein Beispiel: Im Sommer 2015 boten zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen geflüchteten Kindern und Jugendlichen schnell, konkret und unbürokratisch Unterstützung und Aktivitäten an – darunter Tausende ehrenamtlich Tätige in hessischen Sportvereinen. In den Sportgruppen engagieren sich nun auch junge, ehemals Geflüchtete und gestalten so das Zusammenleben in ihrer Gemeinde selbst mit. Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) bietet ein hervorragendes Regelwerk, da sie in Deutschland für alle hier lebenden Kinder und Jugendliche gilt, unabhängig von der Staatsbürgerschaft.

Zentrale Bereiche der Kinderrechte entsprechen bereits dem Satzungszweck vieler Sportvereine. Tausende, größtenteils ehrenamtlich tätige Übungsleiter*innen und Funktionsträger*innen in hessischen Sportvereinen sind konstant mit der Verbesserung von Trainingsprogrammen und Angeboten beschäftigt, damit sie für alle Kinder zugänglich sind – unabhängig von ihrer körperlichen Verfassung, Milieuzugehörigkeit, Sprachkenntnissen. Mit ihren Aktivitäten fördern Sportvereine die Entwicklung von Kindern ganzheitlich, beziehen sich dabei aber meist nicht explizit auf die Kinderrechte. Die Sportjugend Hessen, die mehr als 800.000 junge Menschen bis 27 Jahre in Hessen vertritt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Bezug zu den Kinderrechten herauszustellen und die Haltung der Sportvereine entsprechend zu stärken. In Sportvereinen können Kinder demokratisches Handeln einüben. Die Kinder- und Menschenrechte bilden hierfür einen umfassenden Bezugsrahmen. Zudem helfen sie, sich gegen menschenfeindliche Angriffe zu positionieren, denen viele Engagierte zunehmend ausgesetzt sind. Und schließlich stärken die Kinderrechte die Kinder selbst, indem diese sich über ihre Rechte bewusst werden und sie aktiv einfordern.

Vor allem in einem Bereich der Kinderrechte begegnet uns als Sportverband und Trägerin der Jugendbildung aber des Öfteren eine Diskrepanz zwischen „Wissen über…“ und „Anwenden von…“: dem Recht, sich zu informieren, mitzubestimmen und zu sagen, was man denkt. In verschiedenen Bildungsformaten der Sportjugend Hessen wird Wissen über die UN-Kinderrechtskonvention vermittelt. Diese Informationen erhalten in der Regel breite Zustimmung, auch die Übertragung der Konvention auf den Sportkontext wird nachvollzogen und bejaht. Die Übersetzung der abstrakten Zustimmung in konkretes Handeln ist jedoch voraussetzungsvoll. Die Abläufe im Trainings- und Wettkampfbetrieb von Sportvereinen und –verbänden sind historisch gewachsen. Der zentralen Prämisse der KRK („best interest of the child“) steht der Wettkampfgedanke („being the best“) im Leistungssport scheinbar diametral gegenüber. Rückmeldungen in unseren Bildungsveranstaltungen zeigen, dass Engagierte aus Fachverbänden die Gültigkeit der Kinderrechte der verschiedenen Dimensionen – Schutzrechte, Förderrechte, Beteiligungsrechte – anerkennen und die ganzheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstützen. Die Notwendigkeit, Strukturen in den Sportverbänden grundlegend zu verändern und Wettkampfregeln zu überdenken, verunsichert jedoch Viele. Die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen werden im Sport (wie in vielen anderen Gesellschaftsbereichen auch) oft verletzt oder nur unzureichend umgesetzt. Nicht alle Sportvereine und -verbände haben strukturelle Formen der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen geschaffen und gefestigt. Oft gibt es Unsicherheiten und Vorbehalte, wie Kinder und Jugendliche „richtig“ und nachhaltig beteiligt werden können. Selbst wenn Instrumente der Beteiligung in der Vereinssatzung vorgesehen und beschrieben sind, werden diese häufig faktisch nicht gelebt. Die Übergabe von Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen an junge Menschen fällt erfahrenen Vereinsverantwortlichen oft schwer. Hinter den scheinbaren Kommunikationsproblemen und Unsicherheiten verbergen sich in manchen Fällen strukturelle Machtungleichgewichte zwischen den in Sportvereinen vertretenen Funktionsebenen und Generationen. Dabei geht es nicht darum, dass Kinder und Jugendliche alles entscheiden und bestehende Formen der Vereinsarbeit komplett umgeplant werden müssen. Die Umsetzung der KRK erfordert aber, die Perspektive von Kindern und Jugendlichen konsequent in allen sie betreffenden Belangen angemessen zu berücksichtigen.

Die zunehmende Sensibilität von Sportvereinen bei der Wahrung des Kindeswohls bzw. Kinderschutzes im Sport bietet einen wichtigen und erfolgversprechenden Weg, die Kinderrechte nachhaltig in Vereinen zu verankern. Eine konkrete Überlegung auf dem Weg zu einer konsequenteren Umsetzung der Kinderrechte in den tatsächlichen Alltag von Kindern und Jugendlichen im Sportkontext ist daher beispielsweise eine Adaption des Konzepts von „Kinderrechteschulen“, wo sich neben dem Lehren der Inhalte der Kinderrechtskonvention das gesamte Kollegium intensiv mit den Kinderrechten auseinandersetzt und es mindestens eine feste Ansprechperson zu dem Thema gibt. Die Aufnahme von Kinderrechten in das Leitbild oder die Satzung und ein begleitendes Fortbildungsangebot für Übungsleiter*innen und Funktionsträger*innen könnten weitere Qualitätsmerkmale von „Kinderrechtevereinen“ sein.

Kinder, Kindheiten und Kinderrechte in Zeiten von Corona?!

Zuerst einmal schien es für die allermeisten Kinder und Jugendlichen in der BRD ein aufregender Glücksfall zu sein, als die Entscheidung getroffen war, Kitas und Schulen zu schließen. Damit war klar: Millionen von Kindern und Jugendlichen müssen die Schule oder die Kita frühzeitig vor den anstehenden Osterferien nicht mehr besuchen.

Am Tag der Kita- und Schulschließungen war wohl vielen – weder Kindern noch Eltern – nicht bewusst, auf welch vielfältige Weise Rechte von Kindern in dieser besonderen Situation beschränkt werden würden. Und dies nicht nur mit dem vordergründigen Entsagen des Rechtes auf Bildung.
Aus unserer Sicht handelt es sich nicht nur um vielfache Beschränkungen oder sogar Verletzungen von Kinderrechten. Auch einige „alte“ Themen werden in diesen Krisenzeiten besonders deutlich, so zum Beispiel die allgemeine Vernachlässigung der Perspektive der Rechte der Kinder im politischen und gesellschaftlichen Diskurs.
Bedarfe von Kindern und Jugendlichen werden derzeit hauptsächlich aus der Sicht der Erwachsenen betrachtet, die Entscheidungen sind dadurch oft nicht kindgerecht. Vier Prämissen, die wir als handlungsleitend für eine kindgerechte Gesellschaftspolitik betrachten, wollen wir deshalb zur UN-Kinderrechtskonvention in Zeiten der „Corona-Krise“ zur Debatte stellen:

(1) Kindheit ist vielfältig – Angebote differenzieren und Perspektiven von Kindern einbinden

Das BMFSFJ hat recht schnell eine „Sonderregelung Corona“ ermöglicht. Dabei hat es nach den wirtschaftlichen Bedingungen der Eltern geschaut und zusätzliche Transferleistungen ermöglicht.
Dies reicht aus unserer Sicht jedoch nicht weit genug. Kinder werden hier als Anhängsel von erwerbstätigen Erwachsenen gesehen. Jedoch sind Kinder und Kindheiten heterogen, vielfältig, von ganz unterschiedlichen Kontexten und Begebenheiten geprägt. Kinder und ihre Familien müssen also (nicht nur in Zeiten einer Pandemie) in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt betrachtet werden, denn Kinder haben ganz unterschiedliche Bedarfe.
Diese Bedarfe sind nicht nur an der Verdienstfrage der Eltern zu messen. Die Lebensrealitäten von Kindern hängen von deutlich mehr Faktoren ab, als dass nun 185 Euro einen Unterschied machen könnten. Wo es in der einen Familie an Wohnraum mangelt (der in Zeiten von Corona noch deutlicher wird), gibt es in der anderen Familie vielleicht/ oder auch keinen eigenen Laptop, keinen Kopierer oder Drucker, um entsprechende schulische Arbeitsaufgaben zu erledigen. Anderen Kindern fehlt die tägliche kostenlose warme Mahlzeit. Wieder andere erfahren vermehrte Streitigkeiten oder sogar Gewalt. Es sind Anstrengungen seitens des Bundesfamilienministeriums zu beobachten, die diese Vielfalt Stück für Stück in den Blick nehmen. Wir wollen das gerne bestärken und finden dafür die zweite Prämisse wesentlich:

(2) Perspektiven von Kindern in staatliches Handeln integrieren – statt Krisenmanagement aus Erwachsenensicht

Bei der politischen, medialen und weiteren öffentlichen Debatte scheint uns die Perspektive der Erwachsene (wieder) dominant. Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention sagt aber aus, dass alles staatliche Handeln stets unter dem Vorrang des Kindeswohls stehen muss. Dies gilt auch in Ausnahmezeiten von Corona. Kinder, Jugendliche und ihre Perspektiven werden aber bei der aktuellen Debatte nicht ausreichend in den Blick genommen; und wenn, dann steht vor allem das Thema Kinderschutz (ein wichtiges, keine Frage!) im Fokus. Deshalb gilt es nicht allein die Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten, oder Kinder und Jugendliche mit einer potenziellen Kindeswohlgefährdung zu berücksichtigen. Andernfalls scheint es, als würden wirtschaftliche Interessen vor die Bedarfe und Rechte von Kindern vorangestellt werden. Kinder sind mehr als entweder schutzbedürftig oder Lernende, sondern eigenständige Akteur*innen, deren Perspektiven konsequent eingebunden werden müssen. Ansonsten handeln wir aus einer adultistischen Sichtweise erwachsenorientiert und ohne ausreichend die Bedarfe der jüngeren Generation in den Blick zu nehmen.

(3) Familien ermächtigen – nicht entmündigen

Das Recht auf Gesundheit hat in Zeiten einer Pandemie die höchste Priorität. Hier geht es im solidarischen Sinne darum, das Wohl aller Menschen zu schützen und zu gewährleisten. Dem Staat kommt in dieser Zeit eine besondere Pflicht zu: nämlich den Schutz der Gesundheit für seine Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten und – auch für alle Kinder und Jugendlichen – so hoch zu hängen, dass Einschränkungen und staatliche Eingriffe in die Freiheiten der Menschen gerechtfertigt sind. Viele andere Kinderrechte werden dabei zunächst einmal vernachlässigt: Das Recht auf Bildung, das Recht auf Freizeit und Spiel, usw. können in Krisenzeiten nicht mehr in der Weise erfüllt werden, wie dies bisher der Fall gewesen ist. Dabei steht nicht zur Debatte, dass der Schutz der Gesundheit und das Recht auf Gesundheit an allererster Stelle stehen. Klar ist aber auch: wenn der Staat Einschränkungen vornimmt, so hat er an anderer Stelle für Ausgleiche zu sorgen. Wir erfahren dies momentan in der Wirtschaft: mit dem Schutzschirm können Menschen, deren Einkommen von heute auf morgen wegbricht, ihre Existenzen sichern. Wir fragen uns: was ist mit den Kindern und Jugendlichen und den eben erwähnten Rechten? Klar ist, diese gibt es vorübergehend nicht mehr in der bisher da gewesenen Form. Aber: hat der Staat nicht die Möglichkeit und die Pflicht – mit Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention – diese Rechte in neuen Formen zu gewährleisten? Und dies immer unter der Prämisse, dass Kinder und Kindheiten vielfältig und heterogen sind.
Besonders dramatisch scheint vor allem, dass hier nun „alte“ Probleme deutlich werden und sich verstärkt zeigen. Denn diese besondere Situation erfordert besondere Kompetenzen von Familien. Da, wo Schule und Kita sonst verantwortlich für die Umsetzung unterschiedlicher Kinderrechte sind, sind Familien nun auf sich gestellt. Wie sollen Eltern die Rechte der Kinder auf Gesundheit, Freizeit, Spiel nun ermöglichen? Insbesondere zu einem Zeitpunkt, an dem Eltern besondere Sorgen, Ängste und Noten erleben.
Deutlich wird gerade in diesen Krisenzeiten, wie viel Kitas, Schulen und außerschulische Betreuung normalerweise auffangen, insbesondere sozialpädagogisch. Und besonders deutlich werden soziale Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten, denn das Wohl der Kinder ist eben zu sehr an die finanziellen Möglichkeiten der Familien geknüpft. Dabei sollte genau das NICHT der Fall sein. Und eigentlich sollten Kitas und Schulen allein nicht das auffangen, wozu im Grunde die Familien ermächtigt sein sollten, unabhängig von deren wirtschaftlicher Lage. Auch „arme“, „bildungsferne“, so genannte „Multiproblem“-Familien wollen in diesen Zeiten für Kinder da sein, ohne dass für die Kinder Nachteile entstehen. Es geht also ganz grundsätzlich darum, Familien nicht nur über außenstehenden Systeme – die in Krisenzeiten nicht mehr oder nur in verminderter Form greifen – zu entlasten, sondern diese zu bemächtigen – im Sinne eines Empowerments, das Familien und damit Kinder und Jugendliche stärkt.

(4) Das Recht der Kinder auf Bildung garantieren – jetzt so wichtig wie nie

An dem Recht auf Bildung wird die unterschiedliche Ausstattung von Familien besonders deutlich. Die Entscheidung, die Kindertagesstätten und Schulen zu schließen, wurde von der Politik schnell und dabei durchaus überlegt getroffen; gleichzeitig standen damit etliche Lehrkräfte vor der Herausforderung, Schulmaterialien und -inhalte innerhalb kürzester Zeit digital zur Verfügung zu stellen. Damit jedoch nicht genug: Denn nicht nur die Lehrkräfte und Lernende, sondern auch Eltern und Erziehungsberechtigte sind damit vor eine vollkommen neue Situation gestellt.
Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass nicht in allen deutschen Haushalten entsprechende Lernorte mit der notwendigen Technik vorhanden sind und nicht alle Eltern die Möglichkeit haben, das Lernen der Kinder auf dem gleichen Niveau wie die Schule zu begleiten.
Es wird abzuwarten sein, mit welchen Fortschritten Kinder und Jugendliche nach dem spontan eingerichteten Homeschooling in die Schulen zurückkehren. Denn deutlich wird schon jetzt: Schule ist immer noch abhängig vom Bildungsstand und von der ökonomischen Ausstattung des Elternhauses. Sollten die Kita- und Schulschließungen anhalten oder in geplanter Form phasenweise über das ganze Jahr fortgesetzt werden, so müssen diese Kausalitäten schnellstens abgemildert werden.
Und das Entscheidende? Kinder- und Jugendbeteiligung strukturell verankern!

Was ist also zu tun? Kinderrechte und vor allem das Wohl des Kindes sollte jegliches staatliches Handeln bestimmen. Die mangelhafte Umsetzung dessen wird vor allem in Krisenzeiten besonders deutlich. Die Bundesschülerkonferenz meldete sich vor allem in Anbetracht der anstehenden Abiturprüfungen zu Wort und setzte sich hier als gewähltes Gremium für die Schülerschaft ein. Eine ebenfalls in der UN-Kinderrechtskonvention festgehaltene Leitlinie – nämlich das Recht auf Partizipation und Beteiligung – wird derzeit so gut wie gar nicht umgesetzt, was auch daran liegt, dass es in Deutschland keine strukturellen Beteiligungsformate für Kinder und Jugendliche gibt. (Vermeintliche) Bedarfe von Kindern und Jugendlichen werden so hauptsächlich aus der Sicht der Erwachsenen generiert. Das ist natürlich nicht falsch, aber eben aus einem konsequenten Verständnis der UN-Kinderrechtskonvention zu kurz gedacht. Kinder und Jugendliche müssen eingebunden sein, müssen mit gedacht und in jeglichem staatlichen Handeln berücksichtig werden, nicht nur in Krisenzeiten, aber dann ganz besonders.